Rückkehr nach Japan – 4. Tag: Meiji Kinenkan

Der 4. Tag begann mit Shake, ziemlich salzigem Lachs, frisch gebraten. Dazu wie üblich Reis und Miso-Suppe. Die Eltern meiner Frau haben sich vor einiger Zeit einen neuen Herd angeschafft, welcher ein eigenes kleines Backofen-Fach für Fisch hat.

Dicke Spaghetti mit Shrimps und Avocado

Für diesen Tag stand ein Besuch von Meiji Kinenkan auf dem Plan, wo später unsere traditionelle japanische Hochzeit stattfinden sollte. Dazu brachen wir gegen 11:00 Uhr Richtung Shinanomachi auf. Dort angekommen überkam uns allmählich der Hunger, weshalb wir uns auf dem Weg etwas zu Essen suchten. In einem italienisch angehauchten Restaurant namens PRONTO wurden wir fündig. Eine gelungene Mischung aus japanischen und italienischen Speisen wird dort serviert. Die Spaghetti mit Shrimps, Avocado und Basilikum-Pesto sahen vielversprechend aus und entpuppten sich als noch leckerer, als sie mir serviert wurden. Denn keine regulären, getrockneten Spaghetti wurden hierfür genutzt, sondern quasi frische, welche viel dicker und schmackhafter sind. Für mich völlig neu. Meine Frau und ihre Mutter begnügten sich mit Kuchen. Beim Getränk konnte ich als absoluter Maccha-Fan wie üblich nicht widerstehen und griff zur Maccha-Latte. Die Raumaufteilung im Restaurant ist für deutsche Verhältnisse unvorstellbar: mehr als die Hälfte der Sitzplätze ist für Raucher und diese alle am Fenster. In Deutschland würden diese in einen kleinen Raum gepfercht.

Lecker Kuchen

Da uns nach einiger Zeit der Rauch-Geruch zu störend wurde, zogen wir von Dannen und begaben uns zum Meiji Kinenkan, welcher nur einen kurzen Fußmarsch entfernt lag. Bei diesem handelt es sich um eine Art Mehrzweckhalle und ist in etwa mit dem (derzeitigen) Kulturpalast in Dresden vergleichbar. Seien es Hochzeiten, Konferenzen oder ähnliches, das Gelände bietet Platz dafür. Für uns sollte es ersteres sein und auf die Idee ist vermutlich die Tokyo-Großmutter meiner Frau gekommen. Diese hatte auch einst hier geheiratet.

Eingang zum Meiji Kinenkan

Schirmsicherung vor dem Eingang

Prachtvolles Foyer mit langer Treppe

Wunderschöner Kronleuchter

Speisehalle

Großer Garten-Bereich

Das Innere des Hauptgebäudes ist prachtvoll ausgestattet und erinnert an ein 5-Sterne-Hotel. Begrüßt wird man von einem riesigen Fourier mit langer, massiver Wendeltreppe, marmornen Wänden und einem wunderschönen Kronleuchter. Die ideale Kulisse für Empfänge und Hochzeiten. Auf der unteren Etage hat man auch Zugang zum Garten, welcher ein japanisches Tempel-Flair versprüht und zum Essen und Spazieren im Freien einlädt. Wir können nur hoffen, dass das Wetter am Tag  der Hochzeit mitspielt.

Unser eigentliches Anliegen für den Tag war aber das Abschließen aller Formalitäten für die Hochzeit und insbesondere die Anprobe der traditionellen Gewänder für die Hochzeits-Zeremonie. Dazu begaben wir uns in das obere Stockwerk, immer geleitet und begleitet von den Angestellten. Wieder eine Etage tiefer befanden wir uns dann im Ankleide-Raum mit Spiegeln und Ablagen. Nun sollte die erste schwierige Aufgabe folgen: das Aussuchen der Gewänder unter vielen Möglichkeiten.

Kimono-Muster mit Kranichen

Kimono-Muster mit Blumen und Kranichen

Zuerst war meine Frau an der Reihe. Aus verschiedenen Gründen ist die Farbwahl für den von der Frau bei der Zeremonie traditionell getragenen Kimono auf Weiß gefallen, weshalb wir nun “nur” noch das Muster auswählen mussten. Angesichts der schieren Menge an Varianten fiel die Wahl allerdings nicht gerade leicht. Oft wechselte meine Frau das äußere Gewand und die verschiedenen Geschmäcker der drei Entscheidungsträger wurden schnell deutlich: meine Frau bevorzugte die Varianten mit Blumen, ich mit Kranichen und der Mutter war nur wichtig, dass wir nicht die Variante mit Streifen wählen. Nach einigem Hin und Her konnten wir uns auf eine sehr schöne Variante einigen, die Blumen und Kraniche in kunstvoller Weise abbildet und mit silbernen Applikationen veredelt wurde. Ein prachtvolles Gewand, welches an eine japanische Prinzessin erinnert.

Anlegen des Hakama

Vollständiger Hakama

Im Anschluss folgte mein Part bei der Auswahl des passenden Hakama, einem traditionellen Gewand für Männer, welches zu verschiedenen Anlässen getragen wurde und auch noch heute getragen wird. Da die Farbe des Hakama mit Schwarz quasi schon festgelegt ist, verblieb bei mir nur noch die Auswahl der Beinbekleidung. Meine Entscheidung fiel sehr schnell auf eine Variante mit schwarzen und weißen Streifen, diese jeweils noch einmal durchzogen von schmalen grauen Streifen. Einfach aber auch nicht zu einfach. Unsere Beraterin zählte uns dann noch die angemessene Unterbekleidung auf: weiße Unterhose mit weißem Hemd und für meinen Fall schwarze Socken.

Wieder zurück in der oberen Etage machten wir einen Zwischenhalt beim Friseur-Salon, wo der Zutritt für Ehemänner strikt verboten ist. Ich nahm daher draußen Platz und wartete ob der Dinge die da geschehen. Die Haarpracht der Frauen im alten Japan war mir bereits vertraut, nicht jedoch welcher Zeitaufwand damit verbunden ist. Nach einiger Zeit wurde ich jedoch erlöst und konnte meine Frau bereits einmal mit voller Hochsteckfrisur betrachten. Eine wunderbare Ergänzung zum Gewand. Hinzu kommen später noch Haarschmuck und eine Kopfbedeckung. Traditionen werden sehr gut gepflegt.

Abschließend begaben wir uns wieder in die 1. Etage in einen Beratungsraum, um alle abschließenden Formalitäten und den Ablauf des Hochzeitstages zu klären. Die darin enthaltene Zeremonie folgt dabei einem fest vorgegebenen Muster:

  1. Aufzug: Braut und Bräutigam sowie die Gäste werden von einem Shinto-Priester zur Zeremonien-Halle geführt.
  2. Eintritt: alle betreten die Zeremonien-Halle und nehmen an vorgegebenen Orten Platz. Auch für Kamera und Video sind feste Plätze vorgesehen. Zu einigen Zeitpunkten während der Zeremonie sind Aufnahmen allerdings untersagt.
  3. Trommeln: japanische Trommeln verkünden dem Gott des Meiji Jingu den Beginn der Zeremonie.
  4. Rituelle Reinigung: Reinigungs-Ritual vor der eigentlichen Zeremonie, muss mit gesenktem Haupt entgegen genommen werden.
  5. Priester-Verbeugung: der Priester verbeugt sich vor dem Gott, alle Anwesendem tun es ihm gleich.
  6. Norito-Wiedergabe: der Priester spricht ein altes japanisches Gebet zum Gott.
  7. Hochzeits-Sake: Vorbereitung des traditionellen Sake-Trinkens.
  8. Schalen-Ritual: durch das gemeinsame Trinken gesegneten Reisweins ehrfährt das Brautpaar Segnungen und schwört sich immerwährenden Zusammenhalt und Überzeugung für ein schönes Leben. Das Trinken erfolgt dabei im 3-3-Schema: zuerst trinkt der Mann 3 mal von der kleinsten Schale, reicht sie zurück, dann die Frau 3 mal. Danach trinkt die Frau 3 mal von der mittleren Schale, reicht sie zurück, dann der Mann 3 mal. Schließlich trinkt der man wieder 3 mal von der größten Schale, reicht sie zurück und im Abschluss die Frau 3 mal. Und nein, man muss nicht wirklich trinken, wenn man Alkohol nicht sonderlich verträgt.
  9. Ringtausch: Austausch der Eheringe.
  10. Verlesen des Ehegelübdes: der Mann liest das Ehegelübdte (Seishi) und betet damit vor dem Gott. Die Frau stimmt abschließend durch die Nennung ihres Namens zu. Dies wird für mich der schwierigste Teil, da ich hierbei einen uralten Text mit schwer zu lesender Schrift vortrage. Momentan versuche ich hierfür noch, den Fluss der Wörter zu lernen.
  11. Tamagushi-Gabe: Braut und Bräutigam bieten dem Gott Tamagushi, gesegnete Zweige, als Gaben. Diese werden in einer vorgegebenen Abfolge entgegen genommen, gedreht und auf dem Altar abgelegt. Zum Schluss verbeugen sich beide 2 mal, klatschen 2 mal und verbeugen sich abschließen erneut.
  12. Glückwunsch-Tanz: Mikos führen einen Gagaku-Tanz durch. Die Choreografie wurde auf ein klassisches Gedicht der Kaiserin Shoken abgestimmt. Es lautet in etwa wie folgt: “Die Herzen der Menschen sind Spiegel, welche verschiedene Dinge schaffen können. Mögen wir sie immer sauber und hell erhalten.”Dies kann als Leitspruch für das Ehepaar für ihr gemeinsames Leben verstanden werden.
  13. Glocken-Ritual: Eine Gruppe von Glocken wird geläutet. Jegliches mögliches Unheil wird hierdurch vertrieben, zudem wird hierdurch die Segnung des Gottes herbeigeführt. Auch dies wird wieder mit gesenktem Haupt entgegen genommen.
  14. Verwandten-Sake: durch das gemeinsame Trinken von gesegnetem Reiswein werden die Verwandten beider Familien zusammengeführt. Da meine Familie zur Zeremonie allerdings nicht anwesend sein kann, beschränken wir uns hier auf die Angehörigen der Familie meiner Frau.
  15. Priester-Glückwünsche: der Priester spricht dem frisch vermählten Paar Glückwünsche aus.
  16. Priester-Verbeugung: zum Abschluss der Zeremonie verbeugt sich der Priester vor dem Gott, wieder tun es ihm alle Anwesenden gleich.
  17. Trommeln: japanische Trommeln verkünden dem Gott den Abschluss der Zeremonie.
  18. Rückzug: Angeführt vom Priester verlassen alle die Zeremonienhalle.

Der Teufel steckt im Detail aber meine Frau und ich schaffen das.

Nachdem wir alles verdaut und eventuelle Unklarheiten beseitigt hatten, kehrten wir nach Nakano heim. Zum Ausklang des Tages begaben wir uns zum Nakano Broadway und holten uns ein paar Leckereien bei einem der Bäcker-Läden. Auf dem Rückweg nach Hause dann zudem noch einige schöne Blumen. Diese arrangierte dann meine Frau zuhause kunstvoll zu einem Gesteck.

Wunderschön und tödlich: Ajisai (Hortensien)

Für das Abendessen hatten wir Sushi bestellt, mit dem Essen begonnen wurde allerdings erst, nachdem der Freund der Schwester meiner Frau eingetroffen war. Dieser Arbeitet bei JR, was in etwa mit der Deutschen Bahn vergleichbar ist. Diesen Job hatte er gerade erst am heutigen Tage erhalten. Und als wäre dies allein noch kein Grund zum Feiern hatte er zusätzlich noch Geburtstag. Es wurde also gegessen, getrunken und über alles mögliche gesprochen.

Mit Duschen und Schlafen klang dann auch dieser 4. Tag aus.

3 thoughts on “Rückkehr nach Japan – 4. Tag: Meiji Kinenkan

  1. Katka

    Hallo Super geschrieben. Ich habe eine frage. Ich schreibe eine Arbeit über japanische Hochzeit. Wie verläuft die Reinigungs zeromonie genau

    1. Mathias Post author

      Ganz genau kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber meine Frau meint, dass hierbei Zweige mit Blättern über den Köpfen des Paares geschüttelt werden. Wie erwähnt gibt es von diesem Abschnitt der Trauung aber keine Aufnahmen.

      1. Katka

        Hallo
        Danke für die Antwort. Gibst es noch etwas zu beachten? Ich schreibe es ziemlich detailliert. Wie ist es mit Friseur? Wird Tag vorher gemacht oder am Tag traung? Und wie ist es wenn sich Brautpaar alles selbst mitbringt? An klein und Schmuck. Und gibst etwas bestimmte program bei fest danach?

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