Schelmish & Nachtwindheim

Zum Samstagabend sollten nach langer Zeit endlich wieder einmal mittelalterliche Klänge ertönen. Uns erwartete ein reichhaltiges und unterhaltsames Spektakel.

Dieses Mal gaben sich Nachtwindheim und Schelmish die Ehre und schickten sich an, in dieser gar grauen Winternacht den Geist des Schabernack und des Mittelalters in unseren schönen Ort in Mitten des Erzgebirges zu bringen.

Drei (noch) recht harmlos wirkende Gestalten begaben sich in das Rampenlicht und gaben sich als Nachtwindheim zu erkennen. Da sie mir noch nicht bekannt waren, konnte ich auch nicht ahnen, was da auf uns zukommen sollte. Denn einmal abgesehen vom sehr guten Umgang mit ihren Instrumenten – sie beherrschten den Umgang mit Trommel und Klampfe ebenso gut wie selbigen mit Dudelsack, Flöte und Schalmei – und ihrer gänzlich eigenen Art, das Publikum von Anfang an in ihren Bann zu ziehen war das wahre Schauspiel doch die Art und Weise, wie sie die Pausen zwischen ihren Liedern ausfüllten. Da wurden ein sinnfreier Wortwitz nach dem anderen gerissen, reinste Improvisation bewiesen und kleine, unterhaltsame Plaudereien mit dem Publikum gehalten, so dass kein Auge trocken blieb. Der sinistre Gesichtsausdruck des Trommlers ließ einen Hauch von Wahnsinn erahnen und seine Performance bestätigte dies. In ihr musikalisches Programm wurden neben ihren eigenen Stücken auch einige Klassiker der Mittelaltermusik, wie z. B. „Herr Mannelig“, der „T(r)aubentritt“ „Maria“ von Scooter und „Paranoid“ von Ozzy Obstbaum und seiner alten Band schwarzer, verkaufsfreier Sonntag eingebunden. Sie hielten einen Lobesgesang zu Bacchus und gaben am Ende ihres Besuches als Zugabe noch die längst verschollen geglaubte Originalfassung von „Hänsel und Gretel“ der Gebrüder Grimm zum Besten. Bei den Überlieferungen ist offenbar einiges verloren gegangen …

Die drei schrägen Vögel hatten damit ein wohl unvergessenes Programm präsentiert und wurden mit einem tobenden Applaus verabschiedet.

Nun zogen auch die lang erwarteten Hauptakteure auf die Bühne und wurden mit einem freundlichen „Guten Tag, ihr fetten Schweine!“ begrüßt. Die selbstbetitelt fetteste Mittelalterband Deutschlands wollte es ja so, wir konnten uns dessen also nicht erwehren. Darauf hin legten sie sogleich mit einem ihrer neueren Stücke vom etwas rockiger ausgefallenen neuen Album Mente Capti los und zeigten durchaus, dass ihnen auch dieses Gewand steht. Das Publikum ließ sich gerne vom treibenden Trommelspiel, den kraftvollen Gitarren und den lautstarken Dudelsäcken, Schalmeien und Flöten mitreißen. Die Befürchtungen von Dextro, einer der Frontsänger, den Text diverser Lieder zu vergessen, bestägte sich nicht ein einziges Mal, was ohne Zweifel am künstlerischen Einfluss unserer schönen Stadt lag.

Da der Trommler „es immer versaut“, musste dieser eine kleine Ehrenrunde durch das Publikum ziehen, um seine Kondition ein wenig aufzubessern. Etwas später folgte dann ohne Zweifel ein weiterer Höhepunkt des Abends: Luzis „Tanz“. Begleitet von stampfenden Trommeln, welche ein wenig an „We Will Rock You“ erinnerten, legte dieser nach und nach zur Freude oder zum Leid – je nach Fasson – des Publikums ein weiteres Kleidungsstück ab und ließ schließlich am Ende dessen tief blicken. Auf weitere Details gehe ich hier aber nicht mehr ein.

Beachtenswert waren unter Anderem auch die Tatsache, dass mancher Nachwuchs gleich von Anfang an mit der richtigen Musik aufwächst und die Gewänder, die sich manche Anwesende angelegt hatten. Und auch Schelmish konnten sich Anleihen an H. P. Baxter und seine Komparsen nicht verkneifen und holten ein Megaphon hervor.

Wiederum zu etwas späterer Stunde wurde dann auch offenbart, dass sich Jesus nach etwas mehr als 2000 Jahren von seiner Arbeit losreißen konnte und nun an der Lead-Gitarre von Schelmish zu finden ist. Zudem dürften wir in den Genuss seines orientalischen Bauchtanzes kommen. Für sein Alter bewegt er sich augenscheinlich doch noch recht gut.

Trotz der dicht auf einander gedrängten Menge und der doch recht stickigen Atmosphäre nahm die Stimmung nicht ab. Es wurden nun auch immer mehr klassische Mittelalterstücke mit teilweise vier Dudelsäcken auf einmal gespielt. Die Spielleute verabschiedeten und bedankten sich bei allen Beteiligten, nur um nach kurzer Zeit in Folge kräftiger Rufe nach Zugabe wieder auf die Bühne zu gehen. Sakepharus, der Trommler machte nun sein anfängliches Ungeschick wieder wett und gab, wozu sein Körper fähig war. Und wieder wollte sich die Band bereits verabschieden, doch das Publikum war unersättlich.

Zum krönenden Abschluss schließlich wurde ein Klassiker aus einem Land gespielt, als es noch frei war und nicht unter George W. Bushs kriegerischen Fuchtel stand: „Ring Of Fire“ von Jonny Cash. Wenn auch ungewöhnlich, so passte dieses Stück und die damit einher gehende hübsche Beleuchtung doch wunderbar in den herausragenden Abend und wurde vom Publikum letztendlich mit einem tobenden Applaus belohnt. Damit endete der mit wunderbaren Melodien gespickte Abend.

Auch dieses Mal habe ich es mir im Übrigen nicht nehmen lassen, einige Videoaufnahmen zu tätigen. Da ich den unvergesslichen Auftritt von Nachtwindheim einfach nicht unterbrechen konnte, blieb leider nicht mehr genügend Platz für eine Aufnahme von Schelmish. Ich hatte also die Wahl zwischen einem 5-minütigen Video oder vielen Bildern und entschied mich für Letzteres. Zuvor hatte ich noch einen weiteren Beleg für die Originalität von Nachtwindheim aufgezeichnet und bedauere, nicht den gesamten Auftritt aufgenommen zu haben; die drei wären es Wert gewesen. Da ich jetzt mit meiner Videosoftware besser zurecht komme, werde ich sämtliche Videos von nun an mit dem freien Xvid-Codec komprimieren.

Alle Bilder zum Abend können hier betrachtet werden: